Speed-Disziplin “New Work” – Interview mit Miriam Vogt

Von Christa Schwandtner, 06.11.2018

Kennen Sie Miriam Vogt? Die erfolgreiche ehemalige Skirennläuferin gewann bei der alpinen Skiweltmeisterschaft 1993 die Goldmedaille in der Kombination. Jetzt arbeitet sie als Beraterin für Personal und Organisationsentwicklung für Unternehmen und Manager und veranstaltet Workshops zu “New Work”. Wir haben Miriam Vogt für unseren Blog zum Interview gebeten.

 

Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Organisations-Entwicklung verändert?

Der große Tenor war über Jahre geprägt von Begriffen wie: Planbarkeit, Regeln, Vereinheitlichung, Kontrolle, Hierarchie, klare Zuständigkeiten. Aktuell sehen wir einen Wandel in puncto Mensch im Mittelpunkt, freie Arbeitsweise, Verflüssigung von Führung, Hierarchieabbau. Verantwortungsübernahme geht dorthin, wo Aufgabe bzw. Lösung entstehen. Für Menschen, die im Wesentlichen nach Stabilität und Sicherheit streben, und ihre Organisationen ist dies höchst anspruchsvoll. Am meisten trifft die Veränderung Führungskräfte, die in traditionellen Linienorganisationen aufgewachsen bzw. sozialisiert wurden. Ja, es ist anstrengend und erfordert einen Grad an Reife, die eigenen Haltungen und Handlungen zu hinterfragen. Ich sage voller Überzeugung: Wenn wir innehalten, dürfen wir uns doch trauen zu sagen, Arbeit darf spielerisch sein und mit Freude zum Ergebnis führen. Anstrengung braucht es ja in jedem Fall. Spitzenleistung im Sport, am Theater oder in der Musik entstehen, wenn wir das, was wir tun, lieben und uns wohlfühlen.

 

Was bedeutet New Work für Sie persönlich?

Vier Schwerpunkte sehe ich hier: Hoher Freiheitsgrad, Lust auf Verantwortung, Experimentierfreude und kontinuierlich lernen zu wollen. Damit meine ich, Lernen in der eigenen Fachlichkeit und bereit sein, Aufgaben neu denken zu wollen. Vorteilhaft dafür, Menschen zu mögen, um gut in Kontakt zu kommen, und sich selbst reflektieren zu wollen. Auch Wissensarbeiter brauchen die Fähigkeit zu „entwerfen“ und wieder zu „verwerfen“, ähnlich einem Designer, damit das Beste, was entstehen kann, entsteht. Es ist ein bisschen wie in meinem ersten Leben als Leistungssportlerin. Täglich sich eine Freude zu bereiten, weil die eigenen Fähigkeiten wachsen.

 

Was verbindet New Work mit der Persönlichkeit des Menschen und seinem Blick auf die Welt?

Die Frage ist in der Tat aus meiner Sicht grundlegend aus Sicht des Unternehmers oder einer Führungskraft. Welches Menschenbild trage ich in mir, wenn ich Verantwortung für Menschen übernehme. Traue ich dem Menschen etwas zu und sehe mich in der Rolle als Coach und Organisator von Erfolgserlebnissen für meine Crew oder tendiere ich eher zu einem Menschenbild von Auftrag und Kontrolle? Wer selbst frei und souverän ist, vertraut i.d.R. seinen Mitmenschen und gibt Anerkennung. Es ist die gute Balance von Raum und Luft zum Atmen im Sinne von Freiheit und Verantwortung.

 

Welchen Beitrag können „Räume“ und Architektur dafür leisten?

Sie schaffen einen elementaren Rahmen, sind in gewisser Weise „Ermöglicher“. Durch den Menschen wird das Ganze lebendig. Aus meiner Sicht entstehen Wechselbeziehungen zwischen Menschen und Räumen bzw. Architektur. Räume und Architektur sind Grundlage, damit der Mensch sich wohlfühlt und seine beste Leistung bringen kann. Im besten Falle inspirieren und emotionalisieren sie, setzen Kräfte frei. In Unternehmen geht es am Ende immer um Ergebnisse und Sinn.

Leistung von Menschen ist und bleibt immer an einem individuellen, relativen Maßstab ausgerichtet.

 

Ihre Definition von Leistung im Bezug auf  New Work?

Leistung von Menschen ist und bleibt immer an einem individuellen, relativen Maßstab ausgerichtet. Im Kontext von New Work sind Selbstmanagement und Selbstführung zentrale Schlüsselbegriffe für Leistung. Und zwar für alle, Leitende und Mitarbeiter. Auch New Work und Selbstorganisation braucht Führung und zwar in ihrer besten Form. Sie braucht auf der einen Seite Leitungskräfte, die sich ihrem Menschsein stellen und auf der anderen Seite das einzelne Teammitglied, das bereit ist sich täglich zu überlegen, was ist heute wichtig, um das eigene Leistungs- bzw. Lernziel zu erreichen. Zwei Beispiele: Auswahl des Arbeitsplatzes: Wohin gehe ich heute passend zur Aufgabe, die ansteht? Wann mache ich welche Pause, um wieder beste Leistung zu bringen? Auch hier nochmals mit einem Augenzwinkern der Blick zum Sport: Wer die Regeneration oder Pause ignoriert, erzielt niemals einen Trainingseffekt.

 

Wie kann New Work Menschen zusammenbringen?

Arbeiten in der Welt von New Work heißt, die Kommunikationsintensität mit Kollegen steigt. Fühle ich mich wohl, darf ich in meinem Unternehmen ganz Mensch sein, kann ich dem anderen locker zugestehen, wer er ist. Bin ich also entspannt, geht’s mir und den anderen einfach besser.

Eine Crew, die gemeinsam mit ihrer Leitung für das Unternehmen etwas erreichen will, schafft sich, unterstützt durch Raumausstattung und bestenfalls Architektur, Voraussetzungen, um sich auf ganz natürliche Art und Weise als Menschen zu begegnen, damit eigene und gemeinsame Motivationsräume sich entwickeln. Die Kraft, die hier entsteht, wirkt mit voller Ausrichtung auf das gemeinsame Ziel.

Photo: Thomas Kittel

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