Menschliche Kompetenz vs. Künstliche Intelligenz.

Von Christa Schwandtner, 17.09.2019

Die Digitalisierung der Arbeitswelt schreitet in einem hohen Tempo voran. Automatisierung der Wissensarbeit bedeutet, dass in Zeiten von Big Data künstliche Intelligenz zunehmend Entscheidungen, die analytische Fähigkeiten voraussetzen, besser treffen können als der Mensch selbst. Und das zuverlässig und in Echtzeit. Viele typische Jobs werden somit von digitalen Innovationen abgelöst. Das wirft natürlich die Frage auf, ob es künftig überhaupt noch Bereiche gibt, in denen die Menschen den Maschinen Paroli bieten können. Und welche Berufszweige auch in den nächsten Jahren noch Bestand haben werden. 

 

Prof. Helmut Karner, Unternehmensberater und Mit­begründer des Föhrenbergkreises, meint dazu, dass uns die Arbeit trotz Automatisierung nicht ausgehen wird. Er sieht die Zukunft der menschlichen Kompeten­zen bei den konzeptiven und kreativitätsfördernden Bereichen: Teamarbeit, Emotionen und Empathie. „In einigen Gebieten ist der Mensch der Maschine noch immer überlegen, dazu gehört allem voran die Kreati­vität: Emotionale bzw. typisch menschliche Kompe­tenzen spielen künftig eine ganz zentrale Rolle.“

Von der wissenschaftlichen Seite sieht das Dr. Birgit Feldhusen, Leiterin des Lehrgangs „Agile Orga­nizations & Collective Leadership“ an der Donau Universität Krems: „Künstliche Intelligenz kann ihren eigenen Denkrahmen nicht in Frage stellen. Sie ent­wickelt sich in jenem Denkrahmen weiter, den wir ihr vorgeben. Sie könnte aber eventuell Anwendungen zur Verfügung stellen, die es uns Menschen leichter macht, unseren Denkrahmen in Frage zu stellen.“ Künstliche Intelligenz kann beim Erwerb und der Optimierung dieser Kompetenzen behilflich sein, sie selbst zu besitzen wird ihnen allerdings nicht gelingen.

Noch konkreter arbeiten die beiden Autoren Adam J. Gutstein, Vice President der Unternehmensbera­tung PwC, und sein Kollege John Sviokla, Leiter des Thinktank „The Exchange“ bei PwC, die überlegenen menschlichen Fähigkeiten heraus. Im Harvard Business Manager (Ausgabe Januar 2019) stellen die beiden sieben Kompetenzen vor, die der Mensch jetzt und auch in absehbarer Zukunft besser als eine Maschine anwendet.

 

Kommunikation

Stichwort Storytelling: Mit Geschichten können Menschen zum Handeln bewegt werden. Vor allem dann, wenn wir einen wirksamen Kommunikations-Cocktail aus Erzählungen, Fakten, Rhetorik und Wissen­schaft anwenden und dabei an die Emotionen der Zuhörer appellieren. Denken Sie an Steve Jobs, der den ersten iPod mit dem Versprechen von 1000 Songs in der Hosentasche vorstellte. Die Fähigkeit, eine bildliche Sprache und die Vorstellungskraft anzukurbeln, liegt in der Natur des Menschen und ist von Maschinen nur schwer zu kopieren.

 

Inhalte

Eine gelungene Kommunikation braucht den entsprechenden Inhalt. Wer Experte auf seinem Fachgebiet ist, ist der Maschine weit voraus und stets gefragt. Auch wenn man heutzutage alles über eine Suchmaschine herausfinden kann, ist die Nachfrage nach Experten größer denn je. Der Unterschied liegt in der Dynamik des Fachgebietes: Ein menschlicher Experte kann Inhalte und Fachwissen kombi­nieren und damit neues Wissen an andere weitergeben.

 

Kontext

Automatisierte Systeme können nur in dem Rahmen agieren und entscheiden, der ihnen vom Entwickler vorgegeben wurde. Aus­schließlich ihnen bekannte Zusam­menhänge werden erkannt. Dieses weitläufige Kontextverständnis kann nach wie vor nur von einem Men­schen wahrgenommen und beurteilt werden. Um diesen Rahmen zu erwei­tern, benötigt es die kreative Innovation der Menschen.

 

Emotionale Kompetenz

Es gibt mittlerweile Versuche, in denen Künstliche Intelligenz die Emotionen der Menschen zu interpretieren versucht. Doch die Gefühle des Menschen sind ein komplexes Thema – noch komplizier­ter wird es, wenn zwischen­menschliche Beziehungen und Gruppendynamik ins Spiel kommen. Es ist für die Künstliche Intelligenz fast unmöglich, eine Emotionale Kompetenz zu entwickeln, um sie beim Gegenüber zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren. Weder kann sie in emotional komplexe Situationen eingreifen, noch andere Menschen überzeugen.

 

Lehre

Computerunterstützung hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass Bildung viel qualitativer geworden ist. Was Maschinen aber nicht leisten können, ist ganz individuell auf die Potentiale der Mitarbeiter einzuge­hen und diese zu fördern. In der persönlichen Zusam­menarbeit lassen sich Schwachstellen oder Wissens­lücken besser erkennen und man kann entsprechend entgegenwirken.

 

Beziehungen

Beziehungen können kompliziert sein, doch in erster Linie geben sie uns Menschen Halt, Bestätigung und Selbstvertrauen. Unsere stärksten Beziehungen pflegen wir für gewöhnlich mit unseren Familien und Freunden. Beruflich sprechen wir von Netzwerken – meist oberflächlicher als im privaten Umfeld, dennoch essentiell für den Erfolg. Reichen dabei nicht einfach die virtuellen Kontakte auf Facebook, LinkedIn und Co? Keine Chance: Die besten Netzwerke und Bezie­hungen werden immer noch persönlich geknüpft.

 

Ethischer Kompass

Auch wenn Maschinen noch so leistungsfähig werden, gibt es keine Algorithmen, die nach ethischen Werten entscheiden. Die Fähigkeit, ein moralisches Urteil zu fällen, bleibt der Künstlichen Intelligenz aufgrund fehlender emotionaler Kompetenz verwehrt. Für Menschen – vor allem auch in Führungspositionen – wird ein gut funktionierender ethischer Kompass in einer Welt voller automatisierter Abläufe immer wichtiger.

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