What’s on your desk, Manuelle Gautrand?

Von Wojciech Czaja, 19.04.2022

Boulevard de la Bastille, direkt am Canal Saint-Martin, nur wenige Schritte von der Opéra Bastille entfernt. Genau hier hat Manuelle Gautrand, einer der bekanntesten Architektinnen Frankreichs, seit rund 15 Jahren ihr Büro. „Ich liebe dieses Gebäude“, sagt die Frau mit dem Dauerlächeln. „Das ist ein schlichter, aber wunderschöner Industriebau aus den 1920er-Jahren, ein industrieller Stahlbeton-Skelettbau mit Ziegelwänden und langen Fensterbändern. Und wie damals sind hier auch heute noch einige produzierende Gewerbefirmen eingemietet – Druckereien, Spielzeughersteller und kleine Schmuckwerkstätten, die hier sogar ihre eigenen Schmelzöfen betreiben. Und dann gibt’s auch uns Kreative – Architekturbüros, Designstudios, Start-ups, Coworking-Spaces und Business-Inkubatoren. Es ist eine gute, wilde Mischung.“ Manuelle Gautrands Studio befindet sich im vierten Stock, 300 Quadratmeter in Summe. Schon einige Male hat sie das Büro, das sie selbst als Experimentallabor ihrer eigenen Architektursprache nutzt, umgestaltet und umgebaut. Ihr eigener Arbeitsraum, den sie allerdings nur für vertrauliche Gespräche und Zoom-Konferenzen nutzt, ist mit Sperrholz- und Glaswänden vom Großraumbüro ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getrennt. Das passe zum industriellen Charme des gesamten Gebäudes, sagt sie. Und es passe zu ihrer Firmenphilosophie des Unkomplizierten, Transparenten und Egalitären. Wir haben die Pariser Architektin besucht und sie zur Gestaltung ihres Arbeitsplatzes befragt.

© Manuelle Gautrand Architecture

 

  1. Ich mag die rohe Ästhetik und die warme Haptik von Sperrholz. Das ist ein billiges und zugleich sehr sinnliches Material, das sich wunderbar dem industriellen Geist der hier verwendeten Stahlbetonskelettstruktur fügt.
  2. Ein Foto unseres Refurbishment-Projekts in der Gaité Lyrique in Paris, das wir 2011 fertiggestellt haben. Zu sehen ist ein knalliger, pinker Raum mit großen, mobilen Sitzskulpturen.
  3. Ich kann ohne Papier nicht arbeiten. Und ohne ein gewisses Chaos auch nicht. Manchmal schaue ich mir alte Konzeptbroschüren nach Jahren noch einmal an, um zu überprüfen, was aus den Plänen und Konzepten geworden ist und wie sich ein Gebäude nach Fertigstellung tatsächlich weiterentwickelt hat.
  4. Wir arbeiten viel mit Modellen, vor allem aus Holz, Gips und Karton. Manche Modelle baue ich selbst, um das Projekt besser kennenzulernen.
  5. Ich liebe Pflanzen. Und vor allem Kakteen! Vor vier Jahren war ich das erste Mal auf Urlaub in Mexiko, seit damals habe ich eine Kaktus-Leidenschaft. Außerdem haben wir im Büro eine riesige Kletterpflanze, die sich an Stahlbetonträgern, Kabelkanälen und Akustikplatten festklammert und von Jahr zu Jahr weiterwächst.
  6. Mein Eero-Saarinen-Tisch: Ich mag Marmor in allen Formen und Arten. Und der Tisch ist für mich die perfekte Symbiose aus Geometrie und Sinnlichkeit.
  7. Dazu passend weiße Panton-Chairs.
  8. Eine Handtasche mit Bambi? Warum nicht! Als Architektin verbringt man einen Teil der Zeit mit dem Träumen. Dazu gehört auch, dass man ganz tief drinnen Kind bleiben darf.
  9. Wir haben viele Bücher und Zeitschriften im Büro. In meinem eigenen Arbeitsraum habe ich vor allem Kunstkataloge, Stadtplanungsbücher, architekturtheoretische Schriften und Publikationen zu Natur, Landschaft und Gartengestaltung.
  10. Das ist ein 3D-gedrucktes Kunststoffmodell eines Concept-Stores mit einem radialen, zirkulären Konstruktionsgitter, das wir für Kairo entworfen haben. Das Projekt wurde leider nicht realisiert. Das Träumen und Nichtbauen ist Teil meines Berufs.

Manuelle Gautrand; © Studio Gaudin Ramet

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