Die ganze Welt in Amsterdam.

Von Wojciech Czaja, 12.12.2023

Der neue Booking.com-Campus im Herzen der niederländischen Hauptstadt besticht durch eine ganze Reihe an grünen, gesundheitsfördernden Maßnahmen. Ein Spaziergang mit Architekt Ben van Berkel von UN Studio.

Herzlich willkommen in der Bewegung, glaubt man zu lesen, mit schwebenden Lettern in die Luft hineingeschrieben, sobald man das neun-geschoßige Atrium betreten hat. Umlaufende Galerien, windschief in den Raum hineingehängte Treppenläufe, hölzerne Untersichten, jede Menge Tageslicht und ein grüner, üppig sprießender Dschungel an Wänden und Brüstungen laden dazu ein, an den Aufzügen vorbeizugehen und das Foyer und die Etagen des neuen Booking.com-Campus zu Fuß, mit eigener Muskelkraft zu erklimmen.

„Genau das war unser Ziel“, sagt Ben van Berkel, Gründungspartner des Amsterdamer Architekturbüros UN Studio. „Booking.com ist ein global agierender Travel- und Hospitality-Anbieter und mittlerweile zu einem Sinnbild für Reise, Abenteuer und Bewegung geworden. Wir wollten diese Qualitäten auch im neuen Campus abbilden. Man bewegt sich nicht nur von einem Bürobereich in den nächsten, sondern macht auf dem Weg von A nach B eine Reise zu unterschiedlichen Zeitzonen und Kulturräumen.“ Entsprechend heißen die Konferenzräume und Besprechungszimmer wie griechische Inseln oder haben Namen wie Rio de Janeiro und Panamakanal.“ 28 dieser sogenannten „Micro-holiday destinations“ (O-Ton Booking.com) gibt es insgesamt.

Der neue Campus liegt am Oosterdokseiland, rund 500 Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Auf der ehemaligen Logistikbrache am Wassereck zwischen Hafenbecken und IJ-Kanal hat UN Studio einen expressiven Kristall mit Arkadengang, Keramikkacheln und reißverschlussartig ineinandergreifender Glasfassade geschaffen. Über nach außen aufklappbare Dreiecksfenster kann das Haus natürlich belüftet werden. Je mehr Frischluftzufuhr, desto fragmentierter das Spiegelbild aus Himmel, Wolken, Schiffen, Containern und blau-gelben, doppelstöckigen Zügen, die am Bahndamm nebenan vorbeifahren. Doch das größte Asset des neuen, 65.000 Quadratmeter großen Campus, der in Zusammenarbeit mit Bouwfonds Property Development (BPD) entwickelt wurde, ist die Bündelung des Teams. Bislang waren die insgesamt 6.500 Mitarbeiter*innen über insgesamt zwölf Standorte in der ganzen Stadt verteilt, nun wurde zusammengeführt, was zusammengehört.

„Und im Zeitalter von Digitalisierung und einer immer stärkeren, immer emanzipierteren Arbeiternehmer-Gesellschaft“, meint van Berkel, „war es dem Bauherrn von Anfang an wichtig, in Employer Branding zu investieren und den neuen Campus in gewisser Weise als Recruiting-Maschine zu nutzen.“ Mit Erfolg. Das Haus umfasst mehrere Cafés, Kantinen und Restaurants, das Essen stammt von Powerplant und bietet Bio-Gerichte mit kurzer Wartezeit. Für die Grünraumplanung mit vertikalen Wandgärten, botanischen Grüninseln und einer winterfesten Dachterrasse zeichnen die Maker of Sustainable Spaces (MOSS) verantwortlich. Die bewusst gesund und ergonomisch gestalteten Arbeitsbereiche sind ein Kooperationsprojekt von CBRE und dem Interior-Planer Hofman Dujardin.

Als Reaktion auf die disruptive Corona-Pandemie, die die bislang etablierte Arbeitskultur komplett auf den Kopf gestellt hatte, wurden die Mitarbeiter*innen in der Konzeptionsphase miteinbezogen. Konkret eingeflossen sind die Resultate dieses Partizipationsprozesses beispielsweise in die Gestaltung des Foyers und der daran angrenzenden We-Places sowie in die Dimensionierung und Ausstattung der Fahrrad-Garage.

„Aber auch hinter den Kulissen“, sagt Ben van Berkel, der in seinem Büro ein eigenes Health-Department betreibt, „leistet das Haus einen wertvollen Beitrag zum Thema Gesundheit. Wir haben auf toxische, emittierende Baustoffe verzichtet, temperieren das Haus nachhaltig und moderat mithilfe des Grundwassers des angrenzenden Flusses IJ und haben statt einer zirkulären Ventilation, die üblicherweise eingebaut wird, ein offenes Lüftungssystem installiert, mit dem die Übertragung von Krankheitserregern reduziert werden konnte.“ Die Folge davon sind ein signifikanter Rückgang in der Krankenstands-Statistik sowie eine Zertifizierung mit dem Gütesiegel BREEAM Excellent.

 

Wojciech Czaja

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